Gorleston Psalter Scroll für Hunting Season

Der Gorleston Psalter ist ein Gebetsbuch aus dem 14. Jahrhundert, das für seine Marginalien berühmt ist. Auf über 200 reich mit Buchmalereien verzierten Seiten finden sich unzählige lustige, schräge und teilweise “sogar” seriöse Miniaturdarstellungen von Tieren, Menschen und Fantasiewesen. Dass nicht weniger als 30 Bogenschießszenen darunter sind, macht diesen Psalter zur idealen Quelle für Darstellungen für unsere Siegerurkunde auf Hunting Season X.

Bei der Planung des Scrolls habe ich geschummelt und am Computer ein ungefähres Mock-Up des Scrolls zusammengestellt, das ich dann am Lichttisch auf Pergamenata durchgepaust habe. Das ist pergamentartiges Papier mit sehr guten Eigenschaften für Kalligraphie und Buchmalerei.

Fehlende Elemente beziehungsweise nicht zusammenpassende Verzierungen sind freihändig ergänzt. Als (historisch logischerweise nicht korrekter) Stift zum Vorzeichnen bietet sich ein sepiafarbener Fineliner an (so dünn wie möglich). Die Linien verschmieren nicht und lassen sich mit Farbe gut überdecken. Allerdings “verliert” man Verzierungsdetails, da der Stift durch deckend gemalte Guache-Farben nicht durchschimmert.

Der nächste Schritt ist das Schreiben des Textes, damit nicht später eventuelle Fehler in der Kalligraphie die deutlich langwierigere Malerei “kaputtmachen”. Die Schrift des Gorleston Psalter folgt einer eigenen Logik mit “Schleifchen” oben und unten. Sie zu durchschauen braucht einige Übung, danach lässt sie sich aber recht zügig schreiben. Da es im Original nicht alle Buchstaben gibt (k und j fehlen), musste ich der Schriftlogik entsprechend ergänzen.

Anschließend wird der Gesso (also Kleber) für die Blattgoldverzierungen aufgetragen, der eine Weile trocknen muss, bevor mit Blattgold vergoldet und dieses poliert werden kann. Am Bild sieht man den Scroll vor dem Auftragen des Blattgolds. Aus Zeitgründen verwende ich Instacoll statt “echtem” Gesso als Untergrund.

Nachdem der Scroll vergoldet und poliert ist, wird er mit Guache-Farben ausgemalt. Das sind wasserlösliche Pasten, die unterschiedlich stark verdünnt werden, um verschiedene Deckungsgrade zu erreichen. Außerdem lassen sie sich hervorragend mischen.

Man kann mit Guache problemlos deckend auf dunkleren Farben malen, allerdings muss man aufpassen, dass man nicht zu nass arbeitet und die Farbe darunter (oder daneben) schon durchgetrocknet ist, sonst verrinnen benachbarte Farben.

Sind alle Elemente ausgemalt, werden sämtliche Umrisse mit Schwarz oder dunklem Sepia (in diesem Fall schwarz) nachgezogen (“outlining”). Dadurch kaschiert man eventuell nicht ganz sauber gemalte Trennlinien und die Farben kommen besser zur Geltung. Diese beiden Bilder zeigen in etwa den gleichen Ausschnitt, links einmal nur teilweise mit Umrissen, rechts fertig umrandet. Auch Details im Hasen, dem Gras und dem Bäumchen werden in diesem Schritt ergänzt.

Als letzter Schritt werden mit weißer Farbe noch Akzente und Verzierungen gesetzt. Die Blätter erhalten beispielsweise eine weiße Maserung, die Initialen werden verziert und auch auf dem Blattgold kommen noch Details dazu. Nachdem ich abschließend die Hilfslinien für die Schrift wegradiert habe (im Psalter selbst verbleiben sie auf dem Blatt, dort sind sie aber deutlich sorgfältiger gezogen als bei mir) ist der Scroll fertig und wartet darauf, mit dem Namen des Siegers vervollständigt zu werden.

Ungefähre Arbeitszeit inklusive Mock-Up aber ohne Erlernen von Schrift oder Suchen von Motiven: ca. 18 Stunden.