Der Gorleston Psalter ist ein opulent illustriertes Manuskript aus dem England des 14. Jahrhunderts. Das Manuskript ist bekannt für teilweise ausgesprochen “schräge” Marginalien wie kämpfende Karnickel und Schnecken, von Ranken baumelnde oder erbrechende Figuren.
Dabei sind alle Seiten von den Grundstrukturen her vergleichbar aufgebaut. Der heutige Eintrag beschäftigt sich mit diesen Regelmäßigkeiten.
Wir schauen uns dabei die Seite 34r in mehr Detail an.
“r” ist eine recto Seite, also rechts im Buch (im Gegensatz zu “v” – verso – linken Seiten). Der Schriftblock ist in historischen Manuskripten in der Regel nicht mittig angesetzt, sondern nach oben und innen verschoben. Das ist auch hier erkennbar.
Die Dekoration im Gorleston Psalter ist immer (auch auf verso Seiten) linkt vom Text angesiedelt.
In der folgenden Galerie werde ich auf die markierten Elemente sowie auch auf Themen wie die Arbeitsreihenfolge und die normale Farbgebung näher eingehen.
Die Schrift in diesem Manuskript ist die Textura Quadrata. Die wird “frei schwebend” zwischen den vorgezogenen Linien geschrieben mit kurzen Ober- und Unterlängen. Dabei werden Wörter am Zeilenende einfach abgeteilt (hier das “do” von “domine”)
Am Satzende wird die Teile mit dekorativen Zierleisten gefüllt. Die nächste Zeile beginnt dann mit einer Initiale.
Initialen kommen primär im hier gezeigten gold/blau/roten Stil vor – teilweise auch viel größer und aufwendiger – die zweite Initialart ist im Manuskript sehr selten.
Das Stilelement, das die ganze Seite immer verbindet, ist die “Ranke”, also ein Pflanzenstrang mit Blättern, der von einem Ende der Seite zum anderen führt und dabei alle Gestaltungselemente verbindet.
Dabei gibt es beliebte Formen, die regelmäßig vorkommen. Die Ranke selbst formt z.B. die Welle, die Doppelspirale oder keltische Knoten. Die Formen rundherum kehren auch immer wieder, so wie die Zacken oben links oder die Kästchen um die Spirale unten links.
Die Farben sind dabei sehr eingeschränkt. Während Marginalien etwas bunter sind, beschränken sich die Hauptelemente auf blau/rot/ocker/gold für alle Zierelemente bzw. auf orange/grün/gold für Blätter.
Die Arbeitsreihenfolge wird in diesem Bild gezeigt. Zuerst wird die Seite vorliniert und grob gelayoutet. Dann schreibt der Kalligraph. Anschließend wird die Buchmalerei vorgezeichnet. Dann kommt die Vergoldung (Gold klebt auf Farbe, daher muss zuerst vergoldet werden), danach Farbe und abschließend Weißmalerei.
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