Mit dem Kopf durch die Wand wollen….

von Geirdís Geirharðardóttir

Jemand, der mit dem Kopf durch die Wand will, sucht den direkten Weg, ohne Rücksicht auf Verluste, doch meistens bringt ihn die Starrköpfigkeit nicht ohne gröbere Verluste ans gewünschte Ziel. Dieses Sprichwort wird bereits seit dem 15. Jahrhundert verwendet. Die Redewendung “mit dem Kopf durch die Wand wollen” gibt es in der gleichen Form auch im Französischen, Italienischen, Spanischen und Niederländischen, wie auf dem nebenstehenden Ausschnitt aus dem Gemälde von Pieter Bruegel dargestellt.

Abb. Die niederländischen Sprichwörter
Pieter Bruegel der Ältere, 1559 

Die flämischen (niederländischen) Sprichwörter

Das 117 x 163 cm große Ölgemälde auf Eichenholz befindet sich heute in der Gemäldegalerie der staatlichen Museen zu Berlin.  

Auf den ersten Blick sieht man auf dem Gemälde einen Dorfplatz mit alltäglichem Treiben. Auf den zweiten Blick erkennt man die Anspielungen auf die sündhafte Welt, die vom Teufel regiert wird, welcher unter einem Baldachin in der Bildmitte thront.  

Dargestellt sind über hundert Sprichwörter, die offensichtlich bereits um 1600 in den Niederlanden gebraucht wurden. Ein Klick auf das Bild oben bringt euch zur Wikimedia Seite, auf der die Sprichwörter am Bild erklärt werden.

Pieter Bruegel der Ältere

Pieter Bruegel, auch genannt “De Drol” (der Drollige) oder “Bauernbruegel”, lebte von 1525/1530 bis 1569 in den Niederlanden. Er war Begründer einer Malerdynastie – seine Söhne, Enkel- und Urenkelsöhne malten ebenfalls, doch keiner seiner Nachkommen konnte an den Erfolg des Künstlers heranreichen.  

Pieter Bruegel der Ältere ist der bekannteste Vertreter der flämischen Landschaftsmalerei des 16. Jahrhunderts. 

Im Frühjahr 2020 hat Flose mit großer Begeisterung verschiedene Ausschnitte aus mittelalterlichen Gemälden nachgestellt. Das Ergebnis findet ihr hier: https://www.xn--sca-sterreich-lmb.at/arts-and-science-reenacting-dutch-masters/

Ein römisches Festmahl – Teil 2

Teil 1 findet ihr >> hier.

von Geirdís und Matthaeus 

Diesmal widmen wir uns dem Hauptgericht und dem Dessert.
Viele Speisen enthalten Weinraute, Schwangere sollten davon absehen, diese zu essen!

Hauptgericht – Catonensis pulmentum (Fleischspeise des Cato)

Auch dieses Rezept stammt, wie der Titel schon vermuten lässt, aus dem Werk von Marcus Porcius Cato dem Älteren, gen. Cato maior – De agri cultura (Über den Ackerbau). 

Das Rezept für diese Fleischspeise ist in Abschnitt 83 zu lesen. Hier ist es Teil einer religiösen Zeremonie, die den eigenen Viehbestand schützen soll. Dem Hausherrn wird hier empfohlen, dass er dieses Gericht vor großen Anstrengungen den Sklaven und Knechten geben soll, damit sie bessere Leistungen erzielen können. Keinesfalls durfte aber eine Frau von diesem Gericht essen!

ZutatenZubereitung
150 g Frühstücksspeck
1200 g Rinder- Lamm- oder Ziegengulasch
120 g Mehl
4 EL Olivenöl
500 ml Rotwein
Salz
frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
Thymian
Den Speck in Würfel schneiden. Das Fleisch in Würfel schneiden. In einem Topf 1 EL Öl erwärmen. Den Speck hinzugeben.
Braten, bis der größte Teil des Fetts aus dem Speck ausgetreten ist.
Die Fleischwürfel in eine Schüssel geben und mit dem Mehl bedecken.Das bemehlte Fleisch in den Topf geben und gut umrühren.
Bei mittlerer Hitze das Fleisch langsam unter Rühren erhitzen. Wenn das Fleisch von allen Seiten schön braun ist, den Wein allmählich hinzufügen.
Mit Thymian, Salz und schwarzem Pfeffer würzen.
Das Ganze 2,5 bis 3 Stunden köcheln lassen. Gelegentlich umrühren, damit nichts am Boden haften bleibt. Heiß servieren.

Wir haben Rindsgulaschfleisch verwendet und das Mehl weggelassen. Dazu gab es knuspriges, frisches, dunkles Brot.

Dessert – Aliter dulcia III (eine andere Süßspeise)

Beim Namen dieses Rezepts sind dem Autoren Marcus Gavius Apicius wohl die Namen ausgegangen. “Aliter dulcia” heißt nichts anderes als “eine weitere Süßspeise”.
Sein Werk De re coquinaria („Über die Kochkunst“) ist das älteste erhaltene Kochbuch der römischen Antike. 

ZutatenZubereitung
250 g fein zerkrümelte Butterkekse
70 g gemahlene Mandeln
1∕2 TL frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
1∕2 TL getrocknete Weinraute (oder Rosmarin)
60 ml Passum oder Eiswein
4 TL Honig
etwas 150 ml Milch
1 Ei
Den Backofen auf 180 °C vorheizen
In einer Schüssel das zerkrümelte Gebäck, Pfeffer, Mandeln und Weinraute (oder Rosmarin) vermischen.
Das Ei in einer kleinen Schüssel schaumig rühren, dann Passum und Honig vorsichtig untermischen und langsam Gebäckmischung einrühren.
Dann die Milch hinzufügen, bis ein weicher, dicker Teig entsteht.
Diesen Teig in eine Form geben und in den Backofen stellen, ca. 25 backen, bis der Kuchen fest ist.
Aus dem Backofen nehmen, 10 Minuten in der Backform abkühlen lassen, dann herausnehmen und auf ein Kuchengitter stellen.
Zum Schluss den Kuchen mit etwas Honig bedecken.

Natürlich haben auch wir uns gefragt, wo die Römer Butterkekse herbekommen haben…
In einer anderen Übersetzung soll man Weizenbrötchen ohne Kruste zerbröseln und das ganze dann in Öl herausbacken. Ein kleines Zugeständnis an die moderne Küche sei uns hier erlaubt.

Wir wünschen euch viel Spaß beim Nachkochen!

Wo die Kuh am Brett spielt

von Geirdís Geirharðardóttir

Verborgen in Wien – Sehenswürdigkeiten

Hausschild “Allwo die Kuh am Brett spielt”, Bäckerstraße 12, Wien; Fassadenfresko aus dem 16. Jahrhundert (Foto: Dr. Bernd Gross, wikimedia)

Mitten im ersten Bezirk, auf halber Strecke zwischen Stephansplatz und Schwedenplatz, befindet sich ein mittelalterliches Kleinod von dem nur wenige Wiener und noch weniger Touristen wissen. 

Im ersten Stock des Hauses in der Bäckerstraße 12 / Ecke Windhaaggasse befindet sich ein Fresko aus dem beginnenden 16. Jahrhundert. Es zeigt eine Kuh, die eine Brille trägt, die mit einem Wolf Trick Track (Backgammon) spielt. Dahinter ist eine rot gekleidete Gestalt zu sehen, die einen Besen in der Hand hält. Vom Wolf ist nur mehr die Schnauze erhalten. Die Wandmalerei wurde 1978/79 freigelegt. 

Weitere kleine Details aus den verschiedenen Bauphasen des Hauses sind bis heute erhalten. So stammt etwa der frühgotische Kern mit der Einfahrt aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts. Im Innenhof sind an der Ostwand Mauersteine aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts sichtbar, ebenso sind im Keller noch mittelalterliche Bruchsteinmauern zu finden. 

Eine weitere Besonderheit dieses Hauses ist, dass sich die Besitzverhältnisse mit wenigen Lücken bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgen lassen. 

Heute befindet sich in der Bäckerstraße 12 das Gasthaus Specht.

Eine Sage erzählt, wie das Haus angeblich zu seinem Namen kam: http://www.sagen.at/texte/sagen/oesterreich/wien/1_bezirk/kuh_am_brett.html

Ein römisches Festmahl – Teil 1

von Geirdís und Matthaeus 

Im Sommer feierten Geirdís und Matthaeus anlässlich des Besuches einer Freundin aus Kärnten ein römisches Festessen mit der Familie. 

Die Speisekarte sah folgendermaßen aus: 

Index Ciborum (Speisekarte)
Cibum (Speisen)Potum (Getränke)Ludi (Spiele)
Gustum (Vorspeisen)
Epityrum (Olivenpaste)
Mulsum (Gewürzwein)Ludi Tabulae (Brettspiele)
Alquerque (römische Dame)
Terni lapilli (Dodelschach)
Prima Mensa (Hauptgericht)
Catonensis pulmentum (Fleischspeise des Cato)
Posca (alkoholfreies Erfrischungsgetränk)Ludi Alea (Würfelspiele)
Canis (Der Hund)
Secunda Mensa (Dessert)
Alter dulcia (eine andere Süßspeise)
Aqua (Wasser)Aliis Ludos (sonstige Spiele)
par et impar (Gerade und Ungerade)

In diesem Teil möchte ich euch die Rezepte für die Vorspeisen vorstellen.
Viele Speisen enthalten Weinraute, Schwangere sollten davon absehen, diese zu essen!
Zu den Vorspeisen gab es Brot, Käsewürfel, Nüsse und Weintrauben. 

Epityrum

Dieses Rezept wurde im Werk De agri cultura (Über den Ackerbau) von Marcus Porcius Cato dem Älteren, gen. Cato maior, überliefert. 

Epityrum album, nigrum variumque sic facito: ex oleis albeis, nigris variisque nucleos eicito. Sic condito: Concidito ipsas, addito oleum, acetum, coriandrum, cuminum, feniculum, rutam, mentam; in orculam condito, oleum supra siet. Ita utitor.

ZutatenZubereitung
200 g schwarze Oliven
200 g grüne Oliven
Weinessig
Olivenöl
Fenchelblätter (notfalls Wurzel)
Koriander
Weinraute
Pfefferminze
Etwas Kreuzkümmel 
Oliven grob hacken, die kleingehackten Kräuter dazugeben, Essig und Öl darüber gießen, in ein verschließbares Gefäß geben und einige Tage durchziehen lassen. Weinraute und Kreuzkümmel sind, wie stets, mit Vorsicht zu dosieren!

Wir haben die Zutaten einfach in den Mixer geschmissen und so klein gehackt und gleich gemischt. In einem Schraubglas mit einer Schicht Olivenöl ist diese Paste sehr gut haltbar. Alleine genossen ist sie durch den verwendeten Essig sehr sauer. Die Salsa passt aber hervorragend zu Käse, Nüssen und Brot. 

Moretum

Moretum ist ein typisch römisches Gericht, es trägt seinen Namen von mortarium, der Reibschale in der es hergestellt wird. Überliefert wurde das Rezept in einem Gedicht, welches Vergil zugeschrieben wird, dem sogenannten Appendix Vergiliana.

ZutatenZubereitung
Schafskäse (Feta oder Peccorino) Knoblauchzehen Koriandergrün Selleriegrün
Weinraute
Salz Olivenöl Weißweinessig 
Knoblauch schälen, Schafskäse hinzufügen, Salz und Kräuter untermengen, einen Schuss Olivenöl und Weißweinessig für eine cremigere Konsistenz hinzufügen; Mischung in einen Mörser füllen und kräftig durchrühren.
Wer will kann die Zutaten vorher schon zerkleinern oder die Paste auch in einem Küchengerät durchmixen. Allerdings sei dazu erwähnt, dass moretum keine streichfähige, weiche Masse, sondern ein eher bröckeliger, Ricotta-ähnlicher Brei war. 

Mixtura cum nucibus

Die Überlieferung dieses Rezepts verdanken wir dem Werk De re rustica libri duodecim (Zwölf Bücher über die Landwirtschaft) des Römers Lucius Iunius Moderatus Columella. 

ZutatenZubereitung
100 g Haselnüsse (oder Walnüsse falls erwünscht)
1 Handvoll frische Petersilie
80 ml Olivenöl (extra vergine)
80 ml Rotweinessig
1∕2 TL frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
125 g Feta
1 Handvoll frischer Koriander
2 oder 3 Blätter Minze
1 Stängel Weinraute
Seesalz nach Geschmack 
Die Haselnüsse knacken.
Die Nusskerne 5 Minuten unter einem heißen Grill rösten. Dabei regelmäßig wenden, damit sie nicht anbrennen.
Dann abkühlen lassen und die Schale der Nusskerne möglichst weitgehend entfernen.
Den Käse in grobe Würfel schneiden.
Den Käse mit den Nüssen, Kräutern und dem Pfeffer in einen Mixer geben.
Öl und Essig zufügen.
Dann zu einer weichen geschmeidigen Masse mixen.

Wir wünschen euch viel Spaß beim Nachkochen!

Dünteln, Dinteln, Fingerflechten, zweifärbiges Fingerhäkeln,…

von Ellisa von Styra

… unter all diesen Namen findet man die erste Variante der Schnurherstellung, die wir hier vorstellen wollen. Dabei kann man sehr einfach und vor allem schnell und ohne Längenbeschränkung aus zwei Fäden direkt vom Knäuel weg Schnüre “häkeln”.

Wie man mit den Fingern Luftmaschen häkelt, wissen die meisten Leute. Das geht auch mit zwei Fäden und resultiert dann in einem attraktiven “quadratischen” Band.

Schritt 1: Enden verknoten (Faden 1: rot, Faden 2: grau)
Schritt 2: Aus Faden 1 (rot) eine Schlaufe legen und mit dem Knoten in die rechte Hand nehmen (zwischen Daumen und Zeigefinger festhalten)
Schritt 3: Zweiten Faden (grau) um die Schlaufe (rot) legen
Schritt 4: Grauen Faden durch rote Schlaufe ziehen (hier gezeigt mit zwei Fingern, im weiteren Verlauf reicht für das Durchheben der Zeigefinger)
Schritt 5: Handwechsel. Graue Schlaufe auf den linken Zeigefinger, Knoten in die linke Hand wechseln, grauer Faden wird auf Spannung mit dem kleinen Finger links eingeklemmt. Dann roten Faden mit der freien rechten Hand festziehen
Schritt 6: Das gleiche von links: Faden rot mit dem rechten Zeigefinger durch die graue Schlaufe holen, auf dem Zeigefinger belassen, Knoten in die rechte Hand wechseln, roten Faden dort auf Spannung einklemmen, mit der linken Hand den grauen Faden festziehen

Wer den Anfang mit der Schlaufe in dieser Form zu verwirrend findet, kann auch mit beiden Fäden eine “normale” Luftmasche häkeln und dann Faden 2 herausziehen, so dass nur die Schlaufe von Faden 1 bleibt. Dann geht es bei Schritt 4 weiter.

Auf Youtube findet man übrigens auch diverse Videos (klick für ein Beispiel) dazu, das Problem ist nicht die fehlende Anleitung, sondern der Suchbegriff, unter dem man diese Technik findet.

Hieb- und stichfest…

von Geirdís Geirharðardóttir

Hieb- und stichfest… Im Streit wirft uns unser Gegenüber eine Aussage an den Kopf, die für uns an den Haaren herbeigezogen ist. Nach einiger Zeit müssen wir aber zugeben, dass die genannte Tatsache hieb- und stichfest ist. Das Argument ist also nicht zu widerlegen.

Um im Turnier oder Kampf vor den Hieb- und Stichwaffen (später auch vor Schußwaffen) des Gegners gefeit (von Fei = Fee) zu sein, benutzten die Kämpfer einige Zauber, wie z. B. das Bad in Drachenblut in der Nibelungensage oder das Mitführen von Wolfsaugen, Maulwurfsherzen, Nabelschnur, Nachgeburt oder verschiedensten Kräutern und Pflanzenwurzeln. Das magische Ritual des Festmachens oder Feiens sollte die Unverwundbarkeit des Rüstungsträgers garantieren – ihn hieb- und stichfest machen. 

Gerüsteter Schwertkampf in der SCA (SCA Heavy Fighting)

In der SCA wird bei gerüstetem Schwertkampf großer Wert auf die Einhaltung bestimmter Regeln gelegt, welche im Drachenwald Marshal’s Handbook genau festgelegt sind. Schließlich wollen wir mit unseren Gegnern nach dem Kampf ein Bier trinken und sie nicht im Krankenhaus besuchen. 

Die wichtigsten Regeln zur Schutzausrüstung in aller Kürze:

Der Helm: Die Materialstärke des Stahls hat an jeder Stelle mindestens 1,6 mm zu betragen. Der Gesichtsschutz muss ein Rundholz mit einem Durchmesser von 25,4 mm am Eindringen hindern und muss mindestens 25,4 mm unterhalb des Kinns enden. Alle Teile des Helms, die mit dem Träger in Kontakt kommen können sind mit 12,7 mm Schaumstoff zu polstern. Der Helm ist mit einem Kinnriemen auszustatten. 

Die Halsrüstung: Der Hals, inklusive Kehlkopf, Halswirbel und oberstem Brustwirbel, muss während des Kampfes, auch beim Heben des Kinns und Drehen des Kopfes, bedeckt bleiben.

Der Körper, die Schultern und die Leisten: Die Nieren und die kurzen Rippen müssen geschützt sein. Männer und Frauen müssen einen Tiefschutz tragen. Separate Brustschalen sind untersagt.

Die Hand- und das Handgelenk: Die Außenfläche der Hand muss bis zu 25,4 mm hinter dem Handgelenk bedeckt sein. Ein fester Korb am Schwert und Schild muss verhindern, dass die Hand getroffen werden kann. 

Die Arme: Die Ellenbogenspitze und die Knochen zu beiden Seiten des Ellenbogens müssen mit stabilem Material bedeckt sein. Ein Schild alleine ist nicht ausreichend. 

Die Beine: Die Kniescheibe und 25,4 mm darüber und darunter müssen zu beiden Seiten des Knies bedeckt sein. Der Kämpfer soll Fußbekleidung tragen, die ihm ausreichend Schutz und Standfestigkeit bietet. 

Der Schild: Schilde sind so zu konstruieren, dass sie den Schaden an Rattanwaffen oder mögliche Verletzungen des Kämpfers minimieren. Der Schild darf niemals als Waffe eingesetzt werden. 

Wer mehr über SCA Heavy Combat erfahren oder mitmachen möchte, findet uns jeden Mittwoch am HTC Platz im Wiener Prater. 

Alle Abbildungen: Cod. Pal. germ. 848 Große Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse) — Zürich, ca. 1300 bis ca. 1340

Linksammlung:

Das Nibelungenlied: https://www.youtube.com/watch?v=-73bW3NWKmA

Marshal’s Handbook: http://www.drachenwald.sca.org/drupal/sites/default/files/Marshal_s%20Handbook_8_1_2016.pdf

Bänder und Schnüre – Wieso sind die überhaupt ein Thema?

von Ellisa von Styra

Heutzutage denken wir nicht wirklich darüber nach, wo die Schnüre herkommen, die wir im Alltag verwenden – als Schuhbänder, zum Raffen von Vorhängen, als Ziehband in der Kapuze und so weiter und so fort. Schnurwaren sind ein wichtiger und fast unbeachteter Bestandteil des Alltags.

Auch im Mittelalter haben Schnüre und Bänder schon eine große Rolle gespielt – nur konnte man sie nicht für kleines Geld auf selbiger kaufen. Es ist also kein Wunder, dass wir zahlreiche Methoden kennen, um stabile Schnüre aus dünnem Garn herzustellen.

Auf diesem Bildausschnitt aus dem Gemälde “Kinderspiele” von Pieter Bruegel d.Ä. sind Nestelbänder gut zu sehen.

Schnüre waren nicht nur für Alltagstätigkeiten notwendige Utensilien, sondern auch sehr sichtbare Bestandteile der Kleidung, wie auf dem Bildausschnitt von “Kinderspiele” (~1560) zu sehen. Bei den markierten Schnüren handelt es sich um Nestelbänder, mit denen Kleidungsstücke (hier Wämser und Hosen) miteinander verbunden waren. Ohne die Schnüre, die die Hose am Oberteil “festnesteln”, wären die Jungen schnell in ihrer Unterwäsche dagestanden.

Ercole de' Roberti - Head of a Mourning Woman - Walters 371707.jpg
Hier sieht man die Leiterschnürung in besonders gutem Detail (Kopf einer trauernden Frau von Ercole de’ Roberti, 15. Jh)

Deutlich bekannter als die Nestelbänder bei Männerkleidung ist natürlich die Schnürung der Frauentracht, die entgegen dem, was man auf vielen Shop-Seiten zu kaufen bekommt, in der Regel nicht hinten, sondern vorne (oder seitlich) üblich war – eigentlich logisch, wenn man sich selbst anziehen möchte, ohne sich von jemandem ins Kleid schnüren zu lassen. Zudem hatte die Schnürung in der engen Mode des 15. Jahrhunderts stützenden Charakter und konnte bei schwangeren oder stillenden Müttern einfach gelockert beziehungsweise mit einem Stoffstück hinterlegt werden (man bedenke, dass damals in der Normalbevölkerung keine Umstandsmode üblich war, schließlich war Kleidung eine große Investition).

Hier betrachtet Dietmar von Aist im Codex Manesse diverse Almosenbeutel, die mit Kordeln verschlossen wurden.

Natürlich finden sich dekorative Kordeln auch in anderem Zusammenhang, so etwa als Verschluss von Almosenbeuteln wie hier im Codex Manesse (~1300) oder als Band, auf dem Glasperlen aufgefädelt wurden.

Die Methoden, um Schnüre herzustellen, die wir bereits ausprobiert haben, sind vielfältig: Tundeln, Dünteln, Fingerloop, Lucet oder Kumihimo sind hier bereits zur Anwendung gekommen. Wir werden sie im Laufe der nächsten Zeit näher vorstellen.

Puff


von Geirdís Geirharðardóttir

Geschichte

Puff, auch Wurfzabel oder Tricktrack, ist ein mittelalterliches Würfelbrettspiel. Die Bezeichnung Puff ahmt das Geräusch fallender Würfel nach. Beliebte Orte um dieses Spiel zu betreiben, waren Bordelle, daher leitet sich der Vulgärausdruck für diese Vergnügungsanstalten vom Puff ab. Als Vorgänger des Puffs wird das Zwölflinienspiel der Römer genannt. Um 1180 werden die ersten Tische für dieses Puff erstmals im deutschsprachigen Raum erwähnt. Aus Wurfzabel entwickelte sich das moderne Backgammon. Im Mittelalter gab es mehrere unterschiedliche Varianten dieses Spiels. Ich habe mich für die folgende entschieden. 


Abb.: British Library, Harley 1527, f. 34v 

Regeln Gegenpuff 

Zunächst werden alle Spielsteine (je 15 Steine in zwei Farben) auf das Brett mit zwei Würfeln eingewürfelt. Dabei beginnt ein Spieler auf der 1, der andere auf der 24. Es wird bei jedem Zug grundsätzlich mit der kleineren Augenzahl begonnen. Ist dies nicht möglich, ist der Gegner am Zug. Nach einem Pasch wird zunächst der gewürfelte Pasch (zum Beispiel 2 x 2) gezogen und danach der gegenüberliegende Pasch (in diesem Fall 2 x 5) ebenfalls. Bei einem zweiten Pasch können die geworfenen Zahlen und die Gegenseiten jeweils viermal gezogen werden (4 x 2 und 4 x 5). Nach jedem Pasch wird nochmals gewürfelt. Kann der Pasch nicht ganz zu Ende gezogen werden, ist der Gegenspieler mit Würfeln an der Reihe.
Sobald ein Spieler alle seine Steine eingesetzt hat, muss er diese in Richtung Ziel weiterrücken. Dabei bleibt es dem Spieler überlassen, ob er die beiden Augenzahlen mit einem Stein fährt oder sie aufteilt. Die niedrigere Augenzahl muss dabei aber immer zuerst gezogen werden. Kann diese nicht gesetzt werden, verfällt der Zug und der Gegner ist an der Reihe. Beim Pasch kann die Unterseite nicht gezogen werden, wenn der Spieler die Oberseite nicht ausführen kann.
Trifft man beim Setzen oder Fahren auf ein Feld, auf dem ein einzelner gegnerischer Stein steht, so kann dieser geschlagen werden. Der Gegner darf seine Steine nicht weiterrücken, bis alle seine geschlagenen Steine wieder im Feld sind. Stehen auf einem Feld zwei oder mehr gegnerische Steine, so kann auf diesem Feld nicht gelandet werden. 

Die Steine werden am Ende des Spiels wieder aus dem Brett ausgewürfelt. Dies ist aber erst möglich, wenn sich alle Steine des Spielers im letzten Viertel des Brettes befinden (Felder 1 – 6 bzw. 19 – 24).
Wer zuerst alle Steine hinausgewürfelt hat, ist Sieger.

Abb.: Libro de los juegos, 1283; “Seis, dos, y as”

(Titelbild: Codex Buranus, 13. Jahrhundert)

Hypocras, Claret und andere Gewürzweine

von Katharina Woinovic

Ypocras Ménagier de Paris

http://www.gutenberg.org/files/44070/44070-h/44070-h.htm

Ypocras. Pour faire pouldre d’ypocras, prenez un quarteron de très fine canelle triée à la dent[1258], et demy quarteron de fleur de canelle fine, une once de gingembre de mesche trié fin blanc et une once de graine de paradis, un sizain[1259] de noix muguettes et de garingal ensemble, et faites tout battre ensemble. Et quant vous vouldrez faire l’ypocras, prenez demye once largement et sur le plus de ceste pouldre et deux quarterons de succre, et les meslez ensemble, et une quarte de vin à la mesure de Paris.

Et nota que la pouldre et le succre meslés ensemble, font pouldre de duc. Pour une quarte ou quarteron[1260] d’ypocras à la mesure de Bésiers, Carcassonne, ou Montpellier, prenez cinq drames de canelle fine triée et mondée, gingembre blanc trié et paré, trois drames: de giroffle, graine, macis, garingal, noix muguettes, espic nardy[1261], de tout ensemble une drame et un quart: du premier le plus et des autres en dévalant moins et moins[1262]. Soit faicte pouldre, et avec ce soit mis une livre et demi quarteron, au gros poix[1263], de succre en roche broyé, et meslé parmi les autres devant dictes espices et mis; et soit du vin et le succre mis et fondu en un plat sur{v. 2, p.249} le feu, et mis la pouldre, et meslez avec: puis mis en la chausse, et coulé tant de fois qu’il rechée tout cler vermeil. Nota que le sucre et la canelle doivent passer comme maistres [1264].

The redaction below leaves a lot of the spices unnamed,….probably because the are hard to obtain, but do not make any mention of them in the redaction!

Not added/mentioned are: cloves, nutmeg, macis, cinamon flower (yep, this IS a completely DIFFERENT spice the cinamon!), grains of paradise, spikenarde (Spicus nardi, nard. )

Redaction: The Medieval Kitchen, Redon, Sabban, Serventi
ISBN-10 : 9780226706856
University of Chicago Press; 2nd ed. Edition (2. Mai 2000)

149: Hypocras, Clarét and Hypocras Powder (p220)

To make a lot of good hypocras, take an once of cinamonde, known as long tube cinnamon, a knob of ginger, and an equal amount of galangal, pounded well together, and then take a livre of good sugar; pound this all together and moisten it with a gallon of the best Baeune wine you can get, and let it steep for an hour or two. Then strain through a clothbag several times so it will be clear. (MP 273)

Can be made with either white or red wine, should be kept refrigerated.
Redaction is for about 1litre of finished wine
4 cups (250ml = 1 l) good red wine or dry white for Claré like Sauvignon blanc)
¾ cup sugar (150g)

Hypocras powder:
1 rounded teaspoon ground cinnamon, depending on the intensity you want, take either Ceylon (mellow) or Chinese Cassia (intense)
1 rounded teaspoon ground ginger
! small piece of Galangal (asia food markets)

Grind spices if necessary, mix with sugar in a glass or stainless steel bowl. Gradually stir in wine. Let mixture stand for a few hours, stir occasionally. Strain through a cheesecloth, repaet till wine is clear. Store in corked bottle in the fridge before drinking. http://www.bl.uk/manuscripts/Viewer.aspx?ref=add_ms_5016_fs001r

1420s, Forme of Cury, a treatise on cookery by the chief cook of Richard II’s household, composed c.1390
Edition by C. B. Hieatt, Sharon A. Butler, Curye on Inglysch : English culinary manuscripts of the fourteenth century (including the Forme of cury),Published 1985

OR:

Pleyn Delit: Medieval Cookery for Modern Cooks
https://books.google.at/books?id=3_3SKiOq_B4C&pg=PT213&lpg=PT213&dq=flour+de+queynel&source=bl&ots=Mb78QGM_Sm&sig=ACfU3U0m1YD5jgEgw_xYr6JrZ_X7DnSh4w&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwiMws_Z_artAhURuRoKHe_YCc8Q6AEwAHoECAEQAg#v=onepage&q=flour%20de%20queynel&f=false

Pur fait ypocras. Troys unces de canell & iii unces gyngeuer; spykenarde de Spayn, le pays dun denerer, garyngale, clowes gylofre, poeure long, noiey mugadey, mayoioyame, cardemonii, de chescun I quarter

donce; grayne de paradys, flour de queynel, de chesun dm. Unce; de tout soit fait powdour & c. (CI IV 199)

Redaction: The Medieval Cookbook, Maggie Black, Thames and Hudson, 1992, ISBN 0500015481, 9780500015483
p 120 Piment

Redaction:
2 litres/3 ½ Pint /8 ¾ cups of red wine
175g / 6 oz white sugar
1 tablespoon ground cinnamon
1 Tablespoon of ground ginger
1 teaspoon each: ground cloves, grated nutmeg, majoram (fresh, if possible), ground cardamom, ground black pepper and a pinch of grated galingal.

She left the Piper longum and grains of paradise out as at the time of publishing these spices seemed unobtainable to the normal cook. But does mention them and this is why she calls it a Piment and not Hypocras.

Warm wine until it just begins to steam. Add the sugar and allow to dissolve. Mix all the spices and herbs together. Stir half this mixture in the wine, taset and slowly add more until you achieve the flavoor you like (probably most of the mix). Simmer your mix very gently for 10 minutes. Strain through a fine cloth (can take quite long). Bottle when cold, corck securely. Drink within a week.

Nowadays you ARE able to get almost all spices. I use all of them in my Hypocras mix. Spikenarde is the most difficult one and I was only able to obtain essential oil (Spikenard (Nardostachys jatamansi).

http://gernot-katzers-spice-pages.com/engl/index.html

I use the proportions and method of the Maggie Black redaction an add instead of black pepper, long pepper.
And I use 1 teaspoon of ground cinnamon flower buds, grains of paradise in the spice mix. I add a few (start with ONE) drops of the spikenard oil (NOT SPEIK, Valeriana celtica (Alpine valerian, speick),THAT will taste like SOAP) to the simmering mix.

Red wine liqueur:

For making a modern, non-perishable Instand Punsch/Hypocras mix, intended as gift from the kitchen, add Rum and 96% alcohol, to bring the wine up to about 30% Vol.

Use red wine, add Hypocras spice mix and use Maggie Black method of gently simmering. Add oranges at that stage. Add Rum and 96% Aclohol when a bit colled before straining. Make a t least a month before use so flavours can mix. Be careful this is POTENT!

Proportion of Wine to Rum to 96% Alcohol
500ml wine + 250ml Rum + 125ml 96% Alcohol
for each part of wine use a ½ part of rum and ¼ part of Alcohol.

Use cutup oranges for more flavor in the wine mix, adjust parts accordingly.
Take an orange or lemon cut in slices (8 or more parts as desired) interlard with cloves, add to a mug pour in as much of the liqueur as is necessary to cover the slice and add hot water or tea. Adjust strngth and sweetness.

(Titelbild: Fabrication et dégustation de l’hypocras au Moyen Age https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ypocras.jpg)

Einen Stein im Brett haben…

von Geirdís Geirharðardóttir

“Bei dieser Person hast du wohl einen Stein im Brett.” Mit dieser Aussage – meist gefolgt von einem Augenzwinkern – verdeutlichen wir, dass unser Gesprächspartner bei einer dritten Person einen guten Eindruck hinterlassen hat. 

Welcher Stein ist hier gemeint? Und welches Brett überhaupt? – Hier ist nicht vom Brett vor dem Kopf die Rede, sondern vielmehr das Spielbrett auf dem Backgammon (Puff, Tric Trac, Wurfzabel) gespielt wird. Auch der Stein bezeichnet keinen gewöhnlichen Stein sondern eben jenen, der zum Spielen verwendet wird. 

Wer beim Puffspielen einen guten Stein im Brett hatte, hatte seinem Mitspieler das Gewinnen deutlich erschwert. Diese Redewendung findet sich bereits 1529 in der Sprichwörtersammlung von Johannes Agricola (deutscher Reformator und enger Vertrauter Martin Luthers).

Abb.: Österreichische Nationalbibliothek, Schachzabelbuch, Cod. Nr. 3049, fol 158r 

Puff, Wurfzabel, Tric Trac, Backgammon

Unzählige Funde und Darstellungen deuten auf die Beliebtheit der Vorgänger des Backgammon-Spiels während des Mittelalters hin. Sei es, wie oben dargestellt, in der Heidelberger Liederhandschrift – Codex Manesse, im Libro de los juegos (Buch der Spiele) von Alfons X., dem Weisen oder als Fassadenfresko mitten in Wien. 

Foto: Sabine Lang, privat
Kunsthistorisches Museum Wien, Spielbrett, 1. Hälfte 14. Jhdt., Venedig (?) https://www.khm.at/objektdb/detail/86367/

Wurfzabel wird auch im Wigalois des Wirnt von Grafenberg erwähnt, Lârîens Elefantenzug:

dâ lagen vor den vrouwen fier
wurfzabel und kurrier
geworht von helfenbeine.
mit edelem gesteine
spilten si, mit holze niht,
als man nû vrouwen spieln siht.
si hêten kurzewîle vil
von manger hande seitspil
daz diu vrouwen kunden

Die Ursprünge dieses Spiels werden in Indien, Persien und im alten Ägypten vermutet. Die Römer kannten ähnliche Spiele – das Ludus duodecim scriptorum (Zwölflinienspiel), welches vom ägyptischen Senet abgeleitet wurde, oder dessen Weiterentwicklung, Tabula. Das Wort Zabel für Spielbrett hat den gleichen Ursprung wie Tabula, also Brett. 

Übrigens… Das Wort “Puff” für Bordell leitet sich ebenfalls von diesem Spiel ab. 

(Titelbild: Abb.: Codex Manesse, UB Heidelberg, Cod. Pal. germ. 848, fol. 262v: Herr Goeli http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg848/0520)