Färbeversuche mit Pflanzen der Region

In Filmen wird das Mittelalter leider meist als grau-braune Epoche dargestellt, in der kaum jemand farbige Kleidung trug. Tatsächlich waren bunte Stoffe zu dieser Zeit jedoch sehr präsent und konnten schon mit einfachen Mitteln selbst gefärbt werden. Das macht natürlich auch uns neugierig und wir haben inzwischen erste Schritte gesetzt, um zu probieren, was sich mit einheimischen Pflanzen machen lässt.

Waid für Blau oder Grün

Die Färberpflanze Waid wächst unter anderem auch auf der Wiener Donauinsel. Bevor die Pflanzen dem Mähdienst zum Opfer fallen konnten, hat Lia einige geerntet, um einen Färbeversuch damit zu starten. Beim Experiment hat sich gezeigt, dass genaues Befolgen von Anleitungen sinnvoll ist, wenn man ein wirklich zufriedenstellendes Ergebnis erhalten möchte. Empfehlenswert hier ist die Anleitung von Maibell.

Zwiebelschalen für Gelb und Orange

Beim Kochen fallen in den meisten Haushalten regelmäßig Zwiebelschalen an, die sich auch hervorragend für Färbeversuche eignen. Diesen Versuch haben sowohl Lia als auch Ellisa durchgeführt.

Um aus Zwiebelschalen einen Färbesud zu machen, werden sie ausgekocht, bis ein intensives Farbbad entsteht. Als Vorbereitung wird der Stoff mit Alaun gebeizt – das erhält man als Block (zum Rasieren) für wenig Geld in der Apotheke. Der gebeizte Stoff kommt dann noch nass in den Färbesud und wird dort auf hoher Temperatur gefärbt. Jede Färbung entzieht dem Sud Pigmente. Ein zweiter Färbegang ergibt also ein helles Gelb statt einem Orange oder sattem Gelb.

Erfreulicherweise hält sich die Farbe auch bei Maschinwäsche (Wollwaschgang) gut.

Grundsätzlich sollte man beachten, dass diese Art von Färbung sich nur für tierische Fasern eignet (Wolle, Seide) und nicht für pflanzliche Fasern (Leinen, Baumwolle) gedacht ist. Diese wurden “in period” – als während unserer Darstellungszeit – fast ausschließlich in ihrer natürlichen Farbe verwendet.

Selbstgebaute Webrahmen

Schon seit längerer Zeit nutzen wir verschiedene Webtechniken, um Gürtel, Borten und Bänder herzustellen. Damit diese Projekte auch mobil sind, haben wir in den vergangenen Jahren mehrere einfache Webrahmen gebaut.

Der grundlegende Bauplan ist dabei sehr einfach: auf eine rechteckige Platte werden an den Enden jeweils zwei Dreiecke aufgeschraubt, die dann mit den Rundhölzern oben und unten verbunden werden. Das jeweils untere Rundholz (alternativ Vierkantholz mit Klemmbrett, um Bänder/Fäden besser einspannen zu können) ist dabei drehbar.

Natürlich ist das ein relativ primitiver “Anfängerrahmen”, dafür halten sich die Materialkosten in Grenzen und auch das notwendige handwerkliche Geschick ist überschaubar. Die Basisbretter der Webrahmen lassen sich wunderbar bemalen und so individualisieren.

Largesse – Was wir für andere herstellen

Die SCA zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass sich zahlreiche Gelegenheiten bieten, andere Leute mit selbst hergestellten Gegenständen zu beschenken. Dafür gibt es sogar einen Namen: Largesse (wörtlich in etwa als “Großzügigkeit” zu übersetzen). In der SCA ist damit gemeint, dass man Gegenstände herstellt oder spendet, die dann z.B. von König und Königin zu diversene Gelegenheiten als Dankeschön verschenkt werden.

Eine weitere Möglichkeit, selbstgemachte Dinge weiterzugeben, sind sogenannte “Site Tokens”, also Erinnerungsstücke an Veranstaltungen.

Auch Urkunden werden in der SCA für andere geschrieben, gemacht und vergoldet – ohne Kosten für die Empfänger oder Auftraggeber.

Natürlich funktioniert dieses System auf der Basis der Gegenseitigkeit. Man stellt Sachen für andere her, weil es schön ist zu sehen, wie diese sich darüber freuen. Dafür kann man damit rechnen, auch selbst einmal in dieser Form beschenkt zu werden. Auch Privatpersonen schenken anderen häufig “Tokens” zur Anerkennung – kleine Schmuckstücke, bestickte Taschentücher, Trinkgefäße und so weiter werden so verschenkt. Die Idee dahinter ist generell jene, den Mitspielenden zu signalisieren, dass man sie wahrnimmt und ihre Leistung wertschätzt.

Hier eine kleine Sammlung von Dingen, die wir selbst schon hergestellt haben: Cremen, Stofftiere, Perlen, Beutel, Bänder, Schnüre, Stickereien, Urkunden, Nadelbüchlein, …

Stichfestes Fecht-Doublet

Fencing Doublet

Zum Fechten in der SCA benötigt man Ausrüstungsstücke, die einige bestimmte Regeln (diese finden sich übrigens >>hier<<) befolgen. Optisch können diese sehr unterschiedlich sein. Eins davon ist ein stichsicheres Kleidungsstück, das den Oberkörper bedeckt.

Natürlich ist es wie in allen anderen Bereichen in der SCA wünschenswert, dass dieses Kleidungsstück auch historisch passend aussieht. Vorbild für das Fechtwams von Lia of Dartmoor sind daher die typischen Doublets der Zeit um 1600, wie man sie in zahlreichen Fechtbüchern sieht.

Hier beispielsweise aus Academie de l’Espée (Gérard Thibault d’Anvers) S. 59 und De arte athletica I (Paul Hector Mair) S. 352

Der generelle Stil von Doublet wurde zu dieser Zeit auch von Frauen getragen, vor allem in der elizabethanischen Mode der Zeit.

Lias Doublet besteht aus drei Lagen Leinen und einer Lage fester Baumwolle, um den Fecht-Regeln zu entsprechen. Eine besondere Herausforderung dieses Projekts waren die zahlreichen handgefertigten Stoff-Knöpfe (neben den dazugehörigen Knopflöchern).

Gemeinschaftsprojekt spätrömische Dalmatica

Einer der Höhepunkte des Krönungsturniers im Herbst 2021 waren die beiden Elevations von Anna Syveken in den Orden des Pelikan und Magdalena Grace Vane in den Orden des Lorbeerkranzes. Unser Shire hat dazu seinen Beitrag in Form einer Vigil Dalmatica für Anna geleistet.

Vigil, Dalmatica, Elevation – bitte weniger Fremdwörter!

In der SCA wird man bei herausragenden Leistungen in einem Bereich mit einer “Peerage” (also dem Ritterschlag für Kampf (Chivalry), Fechtkunst (Defence), Kunst und Recherche (Laurel) oder Service (Pelican)) ausgezeichnet. Diese Zeremonie nennt sich “Elevation”. Die Nacht davor verbringen die Kandidat*innen in Vigil (Nachtwache), bei der sie Besuch von Freunden und Mitspielern bekommen, die mit ihnen über die Zeit in der SCA, ihre Pläne und Wünsche sprechen und ihnen Ratschläge mitgeben. Da Anna gerne spätrömisch gekleidet ist, haben wir es übernommen, sie mit einer Dalmatica – einer spätrömischen Tunika – auszustatten.

Die Vorlage

Eine Dalmatica ist ein sehr simples Kleidungsstück, das aber durch diverse Stilmittel immens aufgewertet werden kann. Grundsätzlich handelt es sich dabei einfach nur um eine Tunika im Rechteckstil – ein überlanges Rechteck als Körper (etwas mehr als “popschbreit”) und daran angesetzt rechteckige Ärmel, die schmal oder weit, kurz oder lang sein können. Die Dalmatica links stammt aus Akhmim in Ägypten und wird auf das 1.-4. Jh n. Chr. datiert. Sie wird im V&A Museum aufbewahrt und ist aufgrund der Länge definitiv als Männertunika einzuordnen. Man sieht sehr gut, wo der Gürtel getragen wurde, da dort die stärksten Abnutzungen entstanden sind.

Häufig sind “Clavi”, also Längsstreifen links und rechts des Halsschlitzes, auf diese Tunika aufgesetzt oder direkt in den Stoff eingewebt. Historisch gesehen spricht mehr dafür, sie im Webprozess direkt mitzuweben, allerdings ist das mit modernen Stoffbreiten und Methoden nicht immer praktikabel.

Unsere Informationsquelle war neben einem Besuch beim Festival der Spätantike in Carnuntum auch das Dokument “Clothing fit for a Late Roman Lady” von Stephen Kenwright.

Gemeinsam zum Endprodukt

Natürlich war es uns wichtig, die Tunika mit der Hand zu nähen. Auch die Clavi sollten selbstgewebt sein. Da Anna ihre Dalmatica später hellgrün überfärben möchte, musste auch der Nähfaden aus Naturgarn bestehen, damit die grüne Tunika nicht später weiße Nähte hat (typischer Polyesterfaden nimmt keine Farben an).

Am Projekt beteiligt war aus Gründen der Machbarkeit die “Montagsrunde”, also das Stammpublikum bei den A&S Abenden des Shires. Wie es aber immer so passiert, verzögerte sich der Prozess durch diverseste Hürden des Alltags – Bazillen machten Montagstreffen unmöglich, Material war am falschen Ort oder falsch bemessen, Termine im “mundane life” durchkreuzten die Planung.

Saidra de Iscula nahm sich als erste des Kleides an und steuerte eine Seitennaht bei. Ellisa und Alienor de Salignac webten die ersten beiden Clavi noch zu Hause, während Lia of Dartmoor das Kleid von Saidra zum Nähen daheim übernahm. Zwischendurch wurde bei einem Montagstreffen in Teamarbeit mit Yda von der Breiten Furth weitergearbeitet.

Knapp eine Woche vor dem Event dann der Schreckmoment: die Clavi waren zu kurz! Also noch einmal den Webrahmen aufspannen und irgendwann zwischendurch noch einen Meter weben.

Schließlich brachen wir nach Polderslot (Holland) auf, das zu 2/3 genähte Kleid mit teilweise angenähten Clavi und den aufgespannten Webrahmen im Gepäck. Die 10 Stunden Autofahrt am Freitag wurden dann auch in vollem Rahmen genutzt. Am Beifahrersitz und auf der Rückbank wurde gewebt und genäht, was das Zeug hielt. Cissille von der Breiten Furth übernahm das Steuer, während Yda ganz nebenbei “schnell einmal” das Kammweben lernte. Die letzten Stiche konnten wir auf dem Parkplatz der Site setzen und wurden so punktgenau fertig.

Weiter Postings zu diesem Event: Peerage Scroll für Anna

von Ellisa von Styra

Dünteln, Dinteln, Fingerflechten, zweifärbiges Fingerhäkeln,…

von Ellisa von Styra

… unter all diesen Namen findet man die erste Variante der Schnurherstellung, die wir hier vorstellen wollen. Dabei kann man sehr einfach und vor allem schnell und ohne Längenbeschränkung aus zwei Fäden direkt vom Knäuel weg Schnüre “häkeln”.

Wie man mit den Fingern Luftmaschen häkelt, wissen die meisten Leute. Das geht auch mit zwei Fäden und resultiert dann in einem attraktiven “quadratischen” Band.

Schritt 1: Enden verknoten (Faden 1: rot, Faden 2: grau)
Schritt 2: Aus Faden 1 (rot) eine Schlaufe legen und mit dem Knoten in die rechte Hand nehmen (zwischen Daumen und Zeigefinger festhalten)
Schritt 3: Zweiten Faden (grau) um die Schlaufe (rot) legen
Schritt 4: Grauen Faden durch rote Schlaufe ziehen (hier gezeigt mit zwei Fingern, im weiteren Verlauf reicht für das Durchheben der Zeigefinger)
Schritt 5: Handwechsel. Graue Schlaufe auf den linken Zeigefinger, Knoten in die linke Hand wechseln, grauer Faden wird auf Spannung mit dem kleinen Finger links eingeklemmt. Dann roten Faden mit der freien rechten Hand festziehen
Schritt 6: Das gleiche von links: Faden rot mit dem rechten Zeigefinger durch die graue Schlaufe holen, auf dem Zeigefinger belassen, Knoten in die rechte Hand wechseln, roten Faden dort auf Spannung einklemmen, mit der linken Hand den grauen Faden festziehen

Wer den Anfang mit der Schlaufe in dieser Form zu verwirrend findet, kann auch mit beiden Fäden eine “normale” Luftmasche häkeln und dann Faden 2 herausziehen, so dass nur die Schlaufe von Faden 1 bleibt. Dann geht es bei Schritt 4 weiter.

Auf Youtube findet man übrigens auch diverse Videos (klick für ein Beispiel) dazu, das Problem ist nicht die fehlende Anleitung, sondern der Suchbegriff, unter dem man diese Technik findet.

Bänder und Schnüre – Wieso sind die überhaupt ein Thema?

von Ellisa von Styra

Heutzutage denken wir nicht wirklich darüber nach, wo die Schnüre herkommen, die wir im Alltag verwenden – als Schuhbänder, zum Raffen von Vorhängen, als Ziehband in der Kapuze und so weiter und so fort. Schnurwaren sind ein wichtiger und fast unbeachteter Bestandteil des Alltags.

Auch im Mittelalter haben Schnüre und Bänder schon eine große Rolle gespielt – nur konnte man sie nicht für kleines Geld auf selbiger kaufen. Es ist also kein Wunder, dass wir zahlreiche Methoden kennen, um stabile Schnüre aus dünnem Garn herzustellen.

Auf diesem Bildausschnitt aus dem Gemälde “Kinderspiele” von Pieter Bruegel d.Ä. sind Nestelbänder gut zu sehen.

Schnüre waren nicht nur für Alltagstätigkeiten notwendige Utensilien, sondern auch sehr sichtbare Bestandteile der Kleidung, wie auf dem Bildausschnitt von “Kinderspiele” (~1560) zu sehen. Bei den markierten Schnüren handelt es sich um Nestelbänder, mit denen Kleidungsstücke (hier Wämser und Hosen) miteinander verbunden waren. Ohne die Schnüre, die die Hose am Oberteil “festnesteln”, wären die Jungen schnell in ihrer Unterwäsche dagestanden.

Ercole de' Roberti - Head of a Mourning Woman - Walters 371707.jpg
Hier sieht man die Leiterschnürung in besonders gutem Detail (Kopf einer trauernden Frau von Ercole de’ Roberti, 15. Jh)

Deutlich bekannter als die Nestelbänder bei Männerkleidung ist natürlich die Schnürung der Frauentracht, die entgegen dem, was man auf vielen Shop-Seiten zu kaufen bekommt, in der Regel nicht hinten, sondern vorne (oder seitlich) üblich war – eigentlich logisch, wenn man sich selbst anziehen möchte, ohne sich von jemandem ins Kleid schnüren zu lassen. Zudem hatte die Schnürung in der engen Mode des 15. Jahrhunderts stützenden Charakter und konnte bei schwangeren oder stillenden Müttern einfach gelockert beziehungsweise mit einem Stoffstück hinterlegt werden (man bedenke, dass damals in der Normalbevölkerung keine Umstandsmode üblich war, schließlich war Kleidung eine große Investition).

Hier betrachtet Dietmar von Aist im Codex Manesse diverse Almosenbeutel, die mit Kordeln verschlossen wurden.

Natürlich finden sich dekorative Kordeln auch in anderem Zusammenhang, so etwa als Verschluss von Almosenbeuteln wie hier im Codex Manesse (~1300) oder als Band, auf dem Glasperlen aufgefädelt wurden.

Die Methoden, um Schnüre herzustellen, die wir bereits ausprobiert haben, sind vielfältig: Tundeln, Dünteln, Fingerloop, Lucet oder Kumihimo sind hier bereits zur Anwendung gekommen. Wir werden sie im Laufe der nächsten Zeit näher vorstellen.

Das Kleid der hl. Elisabeth

Ellisa von Styra

Die Hl. Elisabeth von Thüringen lebte im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts (1207-1231). Sie war eine Adelige, die sich bereits während ihrer Ehe zunehmend der Armutslehre zuwandte und nach dem Tod ihres Mannes ein Hospital errichten ließ, in dem sie als mittellose Ordensschwester bis zu ihrem frühen Tod wirkte. Bereits kurz nach ihrem Tod wurde ihr Grab zu einer Wallfahrtsstätte und Elisabeth wurde nur wenige Jahre darauf (1235) heiliggesprochen.

Elisabeths Popularität führte auch dazu, dass sowohl ihre Gebeine als auch ihr zugeschriebene Gegenstände als Reliquien begehrt waren. Das noch erhaltene “Bußkleid der heiligen Elisabeth”  wurde durch Reliquienentnahme an einer Seite stark beschnitten, so dass heute nur die rechte Seite des Gewandes einigermaßen intakt erhalten ist. Auch vom vermutlich ehemals langen Ärmel ist rechts nur ein kurzer Ärmel geblieben. Die Schnittkanten der Reliquenentnahmen wurden mit Leinenband gesichert.

Das Kleid ist ein ursprünglich dunkelbraun gefärbtes Wollkleid, das innen angerauht wurde. Es ist seiner originalen dunkelbraunen Farbe gegenüber deutlich nachgedunkelt und der Stoff weist zahlreiche Schadstellen auf. Heute ist das Kleid mit einem nicht originalen Untergewand darunter ausgestellt.

Vom Schnitt her bestand das Kleid mit ziemlicher Sicherheit aus zwei Rechtecken für die Vorder- und Rückseite mit abgeschrägter Schulternaht sowie links und rechts jeweils zwei grob rechtwinkeligen Dreieckskeilen, die unterschiedlich eingesetzt waren (links jeweils gerader Keil auf schräge Keilseite vernäht, so dass eine Schräge auf den Rückenteil traf, rechts mittig mit den geraden Seiten zusammengenäht, so dass vorne und hinten Schrägen auf die geraden Mittelteile trafen). Auch der Zuschnitt der vier Keile ist unterschiedlich, man kann also annehmen, dass das Kleid ursprünglich nicht aus einem ganzen rechteckigen Stoffstück zugeschnitten wurde, sondern zumindest teilweise aus Reststücken. (Kania, S. 286ff)

Der aus zwei Teilen zusammengesetzte Ärmel weist eine Naht in der Mitte der Ärmelkugel auf, der daran gesetzte Keil befindet sich an der Rückseite des Armes. Betrachtet man den Ärmelschnitt unten, sieht man, dass sich Ärmel und Keil aus einem rechteckigen Stoffstück zuschneiden lassen, wenn man den Keil neben den Unterarm verstürzt. (Kania, S. 202)

Typisch für die Herstellung des Kleides ist der sogenannte Elisabeth-Stich, bei dem die beiden Stoffkanten etwa einen halben Zentimeter überlappt werden und danach auf beiden Seiten die Stoffkante mit Überwendlingstich oder Saumstich am Stoff der anderen Bahn festgenäht wird. Damit sind die Kanten auch gleich versäubert. Die Vorderbahn überlappt die Seitenkeile, der Ärmelausschnitt den Ärmel. (Kania, S. 94, S. 287)

Bei der Restauration 1976 wurde im Würtembergischen Landesmuseum unter anderem auch eine Schnittzeichnung angefertigt. (Hausherr)

An dieser sieht man gut den vorne sehr weiten Ärmelausschnitt (er reicht bis an die Rückenbahn – erkennbar am Keil zwischen den seitlichen Geren und dem Rückenteil), der typisch für Kleidung der Epoche ist. Ärmel waren zu dieser Zeit  vorne deutlich tiefer eingesetzt als heute, so dass sie nach vorne große Beweglichkeit erlaubten. Der Ärmel selbst wurde in diesen Ärmelansatz mit der Ärmelkugel gegenüber modernen Schnitten verschoben nach hinten eingesetzt. Die höchste Stelle der Ärmelkugel kommt so am Rücken zu liegen. (Kania, S. 200f)

Quellen:

Kania, Katrin: Kleidung im Mittelalter. Materialien – Konstruktion – Nähtechnik. Böhlau Verlag Köln, Weimar, Wien, 2010

Hausherr, Reiner, Hg.  Dei Zeit der Staufer, Geschichte — Kunst — Kulture. (Katalog der Ausstellung, 6., verb. Aufl. 4 bande)  Stuttgart: Württembergisches Landesmuseum, 1977. Zitiert auf http://www.personal.utulsa.edu/~marc-carlson/cloth/elizabeth.htm

Keltische Knoten konstruieren

Saidra de Iscula

Keltschen Mustern liegen Hilfslinien in Rautenform zugrunde. Am einfachsten lassen sich Rauten erzeugen, indem man auf kariertem Papier Linien im 45° Winkel durch die Kreuzungen der Linien zieht. Die Basisform der meisten keltschen Knoten ist entweder ein Quadrat oder ein langezogenes Rechteck, in dem sich das Muster wiederholt. Die Basisform kann auch ein Kreis sein, wobei die Erstellung der Hilfslinien sich aufwendig gestaltet.

Die Linien des keltschen Knoten laufen an den Rautenlinien entlang. Sobald die Linie des Knotens an einer Kante ankommt, dreht sie um, indem sie mit einer Kurve auf die nächstgelegene Hilfslinie wechselt.

Um einen Knoten noch interessanter zu gestalten, können im Rautenmuster Hindernisse eingezeichnet werden in Form von gerade Linien, die an den Rautenkreuzungspunkten entlang laufen. Die Knotenlinie dreht an diesen Hindernissen genauso um wie am Rand. Die Knotenlinie sollte am Ende wieder ihren Anfang treffen.

Zum Abschluss – damit der Knoten wirklich ein Knoten wird – wird die Knotenlinie nachgezogen. Jedes Mal, wenn sich die Linie selbst trifft, wird sie abwechselt über die Kreuzung durchgezogen oder unterbrochen. Fertg ist der Knoten.

Kammweben

Die meisten von uns haben in der Schule einmal gewebt – mit dem Schussfaden (mit oder ohne Schiffchen) abwechselnd über und unter die Kettfäden (also die aufgespannten Fäden). Dass damit bei dicken Fäden oder Bändern ziemlich schnell kleine Tischteppiche entstehen, ist damit wohl auch jedem noch bekannt.

Allerdings stellt sich dann schnell Langeweile ein, wenn man lange Stoffbahnen weben will oder mit dünnem Garn arbeitet. Daher gibt es schon seit vor Christi Geburt diverse Hilfsmittel, die einem die Webarbeit erleichtern und das monotone Drüber-Drunter-Drüber für jeden einzelnen Faden unnötig machen. Ein Beispiel dafür sind Webkämme, die in weiten Teilen Europas bekannt waren und es teilweise immer noch sind.

Bildquelle: Norsk Folkemuseum

Wie man am Bild aus dem Norsk Folkemuseum sehen kann, besteht ein Webkamm in Prinzip aus einem Brettchen, in dem abwechselnd Schlitze und Löcher angebracht sind. Dieses wird von der Mitte aus mit Kettfäden bespannt. Hebt man dann den Kamm über die gespannten Kettfäden an, heben sich alle Fäden in den Löchern, die Fäden in den Schlitzen rutschen nach unten. Drückt man den Kamm hinunter, senken sich die “Loch-Fäden”. Auf diese Art und Weise kann man immer abwechselnd die beiden “Webfächer” öffnen, das Drüber-Drunter passiert also mit einem einzigen Handgriff.

Natürlich sind den Mustern hier ohne weitere Arbeitsschritte erst einmal Grenzen gesetzt, da sich ja nur zwei Reihen von festen Fadenfolgen abwechseln. Man kann das ganz einfach einmal mit Buntstiften testen, indem man zwei Reihen Kästchen untereinander aufmalt, die um die Hälfte versetzt sind, und diese dann abwechselnd anmalt. Es entstehen einfache Zickzack Linien oder kleine Kästchen.

Klassische Trachtenbänder für Herrentrachten kann man in dieser Technik übrigens wunderbar herstellen.

Bildquelle: abgelaufenes Angebot auf willhaben.at

Das Kästchenmuster für diese Bänder sieht folgendermaßen aus:

Selbstverständlich sind die Grenzen dieser Technik damit noch bei weitem nicht ausgeschöpft. Mit Hebetechniken lassen sich auch sehr viel komplexere Muster mit dem Kamm weben. Wer weiterlesen möchte, findet mehr Lesestoff auf 

http://viking-woman.blogspot.com/2017/05/kammweben-infosammlng.html

oder in den Büchern Inkle Pattern Directory (Anne Dixon) und Ostpreußische Jostenbänder (Irene Burchert)