Erste Schritte im Vergolden

von Ellisa von Styra

Betrachtet man historische Handschriften aus den verschiedenen Jahrhunderten, fallen einem oft die aufwendigen Vergoldungen auf. Dabei konnten sowohl größere Flächen als auch feine Linien vergoldet werden.

Hier zum Beispiel ein Falkner aus einem Psalter und vergoldete Drachen aus einer Aristoteles-Abhandlung, beide Handschriften aus dem späten 13. Jahrhundert.


Damit Gold wie gewünscht auf der Manuskriptseite (und sonst nirgends) klebt, benötigt es einen “Kleber”, das sogenannte Gesso. Dieses wird nach dem Entwurf als erster Arbeitsschritt aufgebracht, da Blattgold auch an Farben haften würde, die ähnliche Zusammensetzungen haben. Für das Gesso gibt es in der Literatur eine Vielzahl an Rezepten. Ein sehr einfaches, das für erste Versuche gut geeignet ist, ist eine Mischung aus Rohzucker, Gummiarabicumpulver (in der Apotheke erhältlich) und destilliertem Wasser im Verhältnis 1:1:4. Dafür reicht jeweils schon eine sehr kleine Menge! Die drei Zutaten werden im Mörser fein vermalen, so dass eine Art Sirup entsteht. Es ist üblich, diesem noch eine kleine Menge Rotpigment hinzuzufügen, da Blattgold gegen Licht gehalten leicht grünlich schimmert und das Rot darunter ihm den gewünschten warmen Farbton verleiht.

Wichtig ist dabei, dass alle Feststoffe wirklich gut im Wasser aufgelöst werden, da man sogar kleinste Verunreinigungen in der Vergoldebasis später sieht. Das Gesso in dieser Form kann am Anfang auch ganz kleine Bläschen schlagen, deshalb ist es sinnvoll, es eine Viertelstunde stehen zu lassen, bevor man es verwendet, sonst sieht man später auch diese Unregelmäßigkeiten unter dem Gold.

Zum Vergolden trägt man das Gesso tropfenweise in die Mitte der zu vergoldenden Fläche auf und zieht es von dort mit der Pinselspitze an die Kanten. Neue Flüssigkeit wird der existierenden Oberfläche “zugefüttert” und von dort weiter gezogen. Damit erhält man eine glatte, regelmäßige Oberfläche, die später auch eine schöne, glatte Vergoldung erlaubt.

Grundsätzlich kann man damit leicht erhabene Flächen erzeugen, allerdings sorgt dick aufgetragenes Gesso bei den meisten Papiersorten dafür, dass sich das Papier unter stehenden Tropfen wellt, wie man am rechten Bild hier sieht, bei dem eine fertig gekaufte Anlegemilch genau dieses Problem erzeugt hat. Solche Wellen lassen sich auch später nicht mehr komplett auspolieren. Deshalb ist es eine gute Idee, zuerst eine sehr dünne Grundschicht als Versiegelung aufzutragen und erst, wenn diese getrocknet ist, eine zweite Schicht zum Vergolden darauf zu legen. Dann heißt es erst einmal warten. Das Gesso sollte 24, besser noch 48 Stunden durchtrocknen.

Blattgold erhält man recht einfach einerseits aus dem Fachhandel, andererseits aber auch über Amazon und vergleichbare Anbieter. Kauft man größere Mengen, kostet ein Blatt von ca. 10×10 cm etwa einen Euro, man hantiert hier also nicht mit riesigen Summen. Wichtig ist, darauf zu achten, dass man kein beschichtetes Gold (“Gold on base”) kauft, dieses bröselt beim traditionellen Vergolden und hat eine völlig andere Beschaffenheit als echtes Blattgold. Blattgold gibt es entweder als lose Blätter oder als Transfergold, das für jemanden mit wenig Übung einfacher zu handhaben ist. Das Material ist das gleiche, Transfergold wurde aber mittels statischer Aufladung auf Seidenpapier aufgebracht und lässt sich damit leichter anfassen und auf eine vorbereitete Oberfläche übertragen.

Um den getrockneten Untergrund zu aktivieren, genügt es, den Bereich durch ein Röhrchen anzuhauchen, bis er wieder leicht glänzt. Dann legt man das Blattgold auf, streicht es vorsichtig fest und wiederholt den Vorgang, indem man weitere Schichten darüber legt, bis das Gold nicht mehr auf dem Untergrund haftet, sondern auf dem Transferpapier bleibt. Dann wird das Gold einmal fest durch das Transferpapier aufgedrückt und schließlich mit einem Achatpolierer vorsichtig aufpoliert. Das anfangs recht matte Gold wird durch das Aufpolieren hochglänzend. Anschließend werden die Ränder mit einem weichen Pinsel gesäubert. Die dabei anfallenden Goldbrösel kann man sammeln, um sie später zu Shell Gold Farbe zu verarbeiten.

Wie plastisch erhabene Vergoldung wirkt, sieht man beispielsweise an diesem vergoldeten Drachen im Vergleich zu den gemalten Flächen rundherum. Allerdings ist das Gold hier nicht besonders glatt poliert. Manchmal hat man einfach einen “bad gold day”, bei dem der eine oder andere Arbeitsschritt nicht so gelingen will wie man sich das vorstellt.

Eine Anleitung für das Vergolden mit Shell Gold, also Goldpulver, findet sich hier.