Gemeinschaftsprojekt spätrömische Dalmatica

Einer der Höhepunkte des Krönungsturniers im Herbst 2021 waren die beiden Elevations von Anna Syveken in den Orden des Pelikan und Magdalena Grace Vane in den Orden des Lorbeerkranzes. Unser Shire hat dazu seinen Beitrag in Form einer Vigil Dalmatica für Anna geleistet.

Vigil, Dalmatica, Elevation – bitte weniger Fremdwörter!

In der SCA wird man bei herausragenden Leistungen in einem Bereich mit einer “Peerage” (also dem Ritterschlag für Kampf (Chivalry), Fechtkunst (Defence), Kunst und Recherche (Laurel) oder Service (Pelican)) ausgezeichnet. Diese Zeremonie nennt sich “Elevation”. Die Nacht davor verbringen die Kandidat*innen in Vigil (Nachtwache), bei der sie Besuch von Freunden und Mitspielern bekommen, die mit ihnen über die Zeit in der SCA, ihre Pläne und Wünsche sprechen und ihnen Ratschläge mitgeben. Da Anna gerne spätrömisch gekleidet ist, haben wir es übernommen, sie mit einer Dalmatica – einer spätrömischen Tunika – auszustatten.

Die Vorlage

Eine Dalmatica ist ein sehr simples Kleidungsstück, das aber durch diverse Stilmittel immens aufgewertet werden kann. Grundsätzlich handelt es sich dabei einfach nur um eine Tunika im Rechteckstil – ein überlanges Rechteck als Körper (etwas mehr als “popschbreit”) und daran angesetzt rechteckige Ärmel, die schmal oder weit, kurz oder lang sein können. Die Dalmatica links stammt aus Akhmim in Ägypten und wird auf das 1.-4. Jh n. Chr. datiert. Sie wird im V&A Museum aufbewahrt und ist aufgrund der Länge definitiv als Männertunika einzuordnen. Man sieht sehr gut, wo der Gürtel getragen wurde, da dort die stärksten Abnutzungen entstanden sind.

Häufig sind “Clavi”, also Längsstreifen links und rechts des Halsschlitzes, auf diese Tunika aufgesetzt oder direkt in den Stoff eingewebt. Historisch gesehen spricht mehr dafür, sie im Webprozess direkt mitzuweben, allerdings ist das mit modernen Stoffbreiten und Methoden nicht immer praktikabel.

Unsere Informationsquelle war neben einem Besuch beim Festival der Spätantike in Carnuntum auch das Dokument “Clothing fit for a Late Roman Lady” von Stephen Kenwright.

Gemeinsam zum Endprodukt

Natürlich war es uns wichtig, die Tunika mit der Hand zu nähen. Auch die Clavi sollten selbstgewebt sein. Da Anna ihre Dalmatica später hellgrün überfärben möchte, musste auch der Nähfaden aus Naturgarn bestehen, damit die grüne Tunika nicht später weiße Nähte hat (typischer Polyesterfaden nimmt keine Farben an).

Am Projekt beteiligt war aus Gründen der Machbarkeit die “Montagsrunde”, also das Stammpublikum bei den A&S Abenden des Shires. Wie es aber immer so passiert, verzögerte sich der Prozess durch diverseste Hürden des Alltags – Bazillen machten Montagstreffen unmöglich, Material war am falschen Ort oder falsch bemessen, Termine im “mundane life” durchkreuzten die Planung.

Saidra de Iscula nahm sich als erste des Kleides an und steuerte eine Seitennaht bei. Ellisa und Alienor de Salignac webten die ersten beiden Clavi noch zu Hause, während Lia of Dartmoor das Kleid von Saidra zum Nähen daheim übernahm. Zwischendurch wurde bei einem Montagstreffen in Teamarbeit mit Yda von der Breiten Furth weitergearbeitet.

Knapp eine Woche vor dem Event dann der Schreckmoment: die Clavi waren zu kurz! Also noch einmal den Webrahmen aufspannen und irgendwann zwischendurch noch einen Meter weben.

Schließlich brachen wir nach Polderslot (Holland) auf, das zu 2/3 genähte Kleid mit teilweise angenähten Clavi und den aufgespannten Webrahmen im Gepäck. Die 10 Stunden Autofahrt am Freitag wurden dann auch in vollem Rahmen genutzt. Am Beifahrersitz und auf der Rückbank wurde gewebt und genäht, was das Zeug hielt. Cissille von der Breiten Furth übernahm das Steuer, während Yda ganz nebenbei “schnell einmal” das Kammweben lernte. Die letzten Stiche konnten wir auf dem Parkplatz der Site setzen und wurden so punktgenau fertig.

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von Ellisa von Styra